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Pflanze des Monats November

RASEN: RISPENGRAS, WEIDELGRAS UND ROTSCHWINGEL
(Poa pratensis, Lolium perenne und Festuca rubra)

In den Merian Gärten finden Sie mannigfaltige Staudenflächen: Pfingstrosen, Iris, Schattenstauden, Arzneipflanzen, Astern und anderes mehr. Aber auch der Rasen ist eine Staudenfläche. Er bildet den ruhigen Rahmen zur überbordenden Pracht ringsum, schafft Verbindungen, lädt ein zu Siesta, Sonnenbad oder Nickerchen.

In der Natur kommt Rasen nur an Extremstandorten vor, wo es für Gehölze zu kalt, zu windig, zu hoch oder zu sonstwas ist, wie zum Beispiel oberhalb der Baumgrenze oder am Polarkreis. Er ist eine Gemeinschaft aus Gräsern, Kräutern, Flechten, Moosen und Farnen. Der klassische Gartenrasen hingegen besteht aus wenigen ausgewählten Gräsern und existiert nur dank regelmässigem Mähen, Düngen und Wässern.

Neben Rispengras, Weidelgras und Rotschwingel finden sich in unserem Rasen auch Kriechender Hahnenfuss, ebensolches Fingerkraut, Braunelle, Wiesenschaumkraut und Weissklee. Diese Pflanzen sorgen für fröhliche Farbkleckse und erfreuen die Bienen, welche besonders den Weissklee sehr schätzen, wie man beim Barfusslaufen im Rasen schmerzhaft erlebt. Doch gelegentliche Bienenstiche gehören bei einer glücklichen Kindheit einfach dazu und sorgen für unvergessliche Momente.

Standort: Englischer Garten

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Pflanze des Monats Oktober

Reineckie, Metzgerpalme (Reineckea carnea )

Dieses Gras wuchs jahrelang unbeachtet in einer dunklen Ecke, bis wir bemerkten, dass es gar keines ist. Die Pflanze heisst Reineckie und ist entfernt mit Maiglöckchen verwandt – gewissermassen eine Cousine fünfzehnten Grades.

Der im Handel verbreitete Name Japanisches Maiglöckchen ist leider irreführend: Dieses Gewächs blüht weder im Mai noch hat es Glöckchen. Es ist einfach nur grün. Doch welch ein Grün! Kräftige Blätter stehen dicht an dicht und wachsen noch im tiefen Schatten. Ein warmer, windgeschützter Standort ist ideal, bei uns wächst diese Pflanze seit einem Vierteljahrhundert völlig problemlos. Ach, wenn sie auch noch blühen würde…

Und blühen tut sie. Jetzt, im Oktober. Tief unterm Laub versteckt versprühen zartrosa Blütenähren ihren Charme. Nur eins bekommen sie nicht ganz hin: In Katalogen wird oft von zartem Duft berichtet, wir haben bisher jedoch nur ganz leichten Modergeruch feststellen können. Irgendwas ist immer.

Standort: im Rhodotal, Eingang Neue Welt

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Pflanze des Monats September

BLAUE PASSIONSBLUME (Passiflora caerulea)

Aus südamerikanischen Gefilden stammt die Blaue Passionsblume, eine markante Schönheit mit exotischem Aussehen. Oft fristet sie ihr tristes Leben in zu kleinen Töpfen auf Balkons und winters in trockener Heizungsluft. Dabei ist sie erstaunlich winterhart, wenn sie einen warmen Platz und etwas Schutz bekommt. Unser tolles Exemplar hat schon einige Jahre draussen verbracht und zeigt jetzt, was in ihm steckt. Die Blaue Passionsblume kann mehrere Meter hoch wachsen, blüht vom Sommer bis in den Herbst und ist beim Boden nicht wählerisch, solange die Drainage stimmt.

Alles an ihr ist pure Schönheit: Das gefingerte Laub! Die Rankenspiralen! Der grazile Wuchs! Die eigenartige Blüte! Die Früchte… nun ja. Schön und essbar mögen sie sein, schmecken aber nicht besonders gut. Trotzdem werden sie von unbekannten Nachttieren – wir vermuten Waldmäuse – gefressen, denn morgens liegen sie zerfleddert am Boden. Also die Früchte, nicht die Nachttiere.

Ihren Namen bekam die Passionsblume wegen ihrer Blütenorgane, die das Leiden Christi symbolisieren sollen: Die drei Griffel mit den markanten Narben stehen für die Nägel am Kreuz, die Staubblätter für die fünf Wunden, und der Strahlenkranz stellt die Dornenkrone dar. Dabei stammt diese Pflanze aus Südamerika und existierte schon Jahrtausende vor der Ankunft christlicher Seefahrt. Wie sie wohl damals geheissen hat?

Standort: im Gemüsegarten

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Pflanze des Monats

KORNELKIRSCHE, TIERLIBAUM, HARTRIEGEL
(Cornus mas)

Schon im Spätwinter öffnet die Kornelkirsche ihre Blüten. Sie sind kleiner und nicht so grellgelb wie die der Forsythien, bieten dafür aber vielfältigen ökologischen Nutzen: Nektar, Pollen und Früchte werden von Vögeln und Insekten sehr geschätzt.

Trotz der ähnlichen Früchte ist sie nicht mit Kirschen verwandt. Das merkt man spätestens beim Probieren, oft zieht sich der ganze Mund zu einem sauren Punkt zusammen. Erst wenn die weichen Früchte von selbst abfallen, sind sie mehr oder weniger geniessbar; am besten eignen sie sich für Gelee und Likör.

Die Kornelkirsche wächst langsam und wird mit den Jahren zu einem mehrstämmigen Baum. Das Holz ist das härteste in Mitteleuropa, was den Namen Hartriegel erklärt. Andere Bezeichnungen wie Dirndlstrauch, Dirlitz und sogar Tierlibaum stammen wahrscheinlich aus Südosteuropa, wie die Kornelkirsche ursprünglich auch. Sie eignet sich für geschnittene oder wilde Hecken, aber am schönsten wird sie, wenn sie sich frei entwickeln kann. Ein solches Exemplar wie dieses hier braucht allerdings etwas Geduld, es ist etwa hundert Jahre alt und wahrscheinlich eines der grössten in der Region.

Standort: vor der Villa Merian

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Pflanze des Monats Juli

Wegwarte (Cichorium Intybus)

Sind Sie Feierabendgärtnerin oder Langschläfer? Dann ist die Wegwarte nicht die ideale Wahl für Ihren Garten. Am Nachmittag verschrumpeln ihre Blüten, und von der ganzen Herrlichkeit ist dann nicht mehr viel übrig. Spätaufstehern gilt sie deshalb als reiz- und blütenloses Gestrüpp, doch vormittags machen ihre hinreissenden Blüten Schwebfliegen, Bienen und Menschen glücklich.

Zudem ist sie gesund und schmackhaft. Als Chicorée oder Radicchio verwenden wir sie in Salaten, geschmort oder einfach mit einem Dip aus Joghurt, Zitrone, Salz und Knoblauch. Aus den gerösteten Wurzeln stellt man noch heute einen Kaffeeersatz mit disputablem Aroma her.

Laut einer Sage sollen die blauen Blüten die Augen einer Hofdame sein, die vergeblich am Wege auf die Rückkehr ihres untreuen Verlobten (ein Kreuzritter solls gewesen sein!) wartete. Und wartete. Und wartete. Daher kommt der Name der Wegwarte: Er war weg, sie wartete. Seit damals nennt man naive Menschen blauäugig.

Standort: Arzneipflanzengarten

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Pflanze des Monats Juni

Rote Spornblume (Centranthus ruber)

Sie blüht und blüht und blüht, den ganzen Sommer lang. In Weiss, Rosa oder Rot. Taubenschwänzchen und andere Schmetterlinge lieben sie. Hitze macht ihr nichts aus, Trockenheit noch weniger. Sie verzaubert Mauerritzen, Bahndämme, Betonfugen, Risse im Asphalt und alte Gemäuer. Eigentlich ist die Spornblume die perfekte Gartenstaude.

Eigentlich. Ihr Starrsinn ist legendär. Grundsätzlich wächst sie nur dort, wo sie wachsen will. Pflanzt man sie liebevoll in ein wohlbereitetes Beet, in Farbharmonie mit den Nachbarpflanzen («Dieses stumpfe Rosarot, kombiniert mit jenem türkisbehauchtem Lilagrau…») verschwindet sie oft nach kurzer Zeit und hinterlässt eine traurige Lücke. Ist die Farbharmonie dagegen nicht so toll («Die beisst sich mit den Taglilien!»), läuft die Spornblume zur Höchstform auf und und schickt Tausende von Samen los, weitere Gärten im Flug zu erobern. Ihre Nachkommen krallen sich in den trockensten Gartenecken fest, von wo sie nur schwer zu entfernen sind. Man könnte sie schon fast invasiv nennen.

Wie ihre nahen Verwandten Baldrian und Nüsslisalat ist sie ein gefundenes Fressen für Experimentierfreudige: Ihre Blätter und Knospen eignen sich als Salatzutat, die Blüten auch als essbare Dekoration. Und das beste daran: Werden sie abgeschnitten, blühen sie einfach ein wenig später, ein bisschen kompakter und genauso schön.

Standort: Arzneipflanzengarten

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Pflanze des Monats Mai

Gefüllter Schneeball 'Viburnum opulus Roseum'

Der gemeine Schneeball, wie die Wildform dieses Strauchs heisst, hat schon so manche gärtnernde Seele verzweifeln lassen. «Blattläuse!» schallt es im Mai durch den Garten, oft gefolgt vom Pffft des Insektensprays, welcher zuverlässig sämtliche blattlausfressenden Insekten vernichtet. Die Blattläuse hingegen vermehren sich danach um so besser… Man nimmt sich stattdessen einen Liegestuhl und viel Zeit, um die lausfressenden Larven der Florfliegen, Schwebfliegen und Marienkäfer bei ihrer Arbeit zu beobachten. Die übriggebliebenen Läuse werden dann von Singvögeln an ihre Jungen verfüttert.

Der Gewöhnliche Schneeball ist eines der wenigen einheimischen Gehölze mit leuchtendroter Herbstfärbung. Die roten Beeren bleiben sehr lange am Strauch und werden von den meisten Vögeln verschmäht. Doch in seltenen Jahren, wenn der Winter in der Taiga hart und das Futter knapp wird, ziehen grosse Schwärme von Seidenschwänzen gen Süden und fallen über die Beeren her. Die Samen keimen nach der Passage durch den Vogeldarm sehr gut, was den Schneeball zum Verdauungsverbreiter macht. Ein wunderbares Wort!

Früher hiess die Gattung Schlinge, Herzbeere oder Blutbeere. Erst gegen Ende des sechzehnten Jahrhunderts entdeckte man eine gefüllt blühende Form; erst wegen ihr kam der Name ‘Schneeball’ auf. Sie ist steril und lässt sich nur durch Stecklinge vermehren. Deshalb sind alle Schneebälle der Sorte ‘Roseum’ eigentlich ein einziger Klon, fünfhundert Jahre alt und verstreut über mehrere Kontinente.

Standort: beim historischen Sitzplatz

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Pflanze des Monats April

Gelbes Japangras (Hakonechloa macra 'Aureola')

«Blüten sind überbewertet.» (Alberte Instein)

Wir befinden uns im April. Ganz Brüglingen ist von Blüten besetzt… Ganz Brüglingen? Nein! Ein paar unblühsame Farne und Gräser hören nicht auf, dem Blütenwahn Widerstand zu leisten. Eines dieser heldenhaften Gewächse ist das gelbe Japangras. Im April treibt es erste zarte Spitzen, die aber im Rhododendrontal zunächst nicht weiter auffallen - dort knallen vorerst rosa, rote und blauviolette Blüten um die Wette.

Doch wenn sich der Farbrausch in bräunliche Blütenreste verwandelt hat, nimmt man endlich die betörende Schönheit des Japangrases wahr: Der elegante Wuchs! Dieses schmale Laub! Das aufregende Gelbgrün! Die wie mit feinstem Pinsel gezogenen Streifen! Im Halbschatten kommt es am besten zur Geltung, sei es unter Sträuchern, neben Hosta oder Farn, als einzelner Horst oder wogende Fläche, kombiniert mit Balkan-Anemonen und Gefingertem Lerchensporn… Sogar in der Vase macht es eine gute Figur. Seine diskreten Blüten legen im Spätsommer einen zarten Schleier über das Laub.

Das Japangras liebt ein halbschattiges, nicht zu trockenes Plätzchen. Spätfröste lassen es gelegentlich zerzaust zurück, doch ansonsten ist recht unkompliziert. Wird es im Winter unansehnlich, kann man es zurückschneiden, muss aber nicht. Es gibt nur wenige Stauden, welche von April bis November so attraktiv sind wie dieses Gras. Das schafft keine der knallbunten Frühlingsblumen!

Standort: beim Rhododendrontal

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Pflanze des Monats März

Stinkende Nieswurz 'Helleborus foetidus'

In den Wäldern um Basel leuchten die Blüten der stinkenden Nieswurz durchs kahle Gestrüpp. Die Blüten öffnen sich je nach Witterung zwischen Dezember und März. Darin leben Hefepilze, welche den Nektar zersetzen und dabei Wärme produzieren, wodurch es innerhalb der Blüten ein paar Grad wärmer sein kann als in der Umgebung. Das beschert Hummeln und anderen Insekten Nahrung und ein warmes Plätzchen.

Im Gegensatz zu anderen Nieswurzen ist diese Art nur kurzlebig. Um sie im Garten zu halten, lässt man sie an Ort und Stelle versamen, man kann aber auch die Samenstände abschneiden und einfach dort verteilen, wo man dieses schöne Gewächs gerne hätte. Wichtig ist, dass die Samen frisch sind, da sie sich im Boden noch entwickeln müssen, bevor sie dann im nächsten Frühjahr keimen. Ein Sommer im trockenen Samentütchen ist der Nieswurz Verderben. In der viel besungenen guten alten Zeit wurde sie trotz ihrer Giftigkeit als Heilmittel gegen Würmer, Läuse und Wahnsinn verwendet, erledigte aber neben Parasiten und Krankheit zuweilen auch die Patienten.

Karl Foerster, ein begnadeter Staudengärtner mit poetischer Ader, schätzte diese Pflanze sehr. Er empfand ihren Namen als diskriminierend. «Palmblatt-Schneerose» nannte er sie, doch diese Bezeichnung hat sich nicht durchgesetzt. Dabei stinkt sie gar nicht! Sie duftet nur ein wenig streng.

Standort: bei der Villa Merian auf dem Sitzplatz

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Pflanze des Monats Februar

Bergenia 'Oeschberg'

Nach all den wunderschönen Pflanzen der letzten Monate kommt diesmal ein oft geschmähtes Gewächs an die Reihe: Die Bergenie. Allein schon der Name…! Die Optik ist auch nicht besser, ihr Laub wirkt wie Plastik. Das Quietschrosa der Blüten ist nicht das Gelbe vom Ei und beisst sich mit Primelgelb und Vergissmeinnichtblau.

Manche nennen sie Schneckenpflanze. Vor einiger Zeit erzählte uns eine alte Dame, sie kenne “dieses Zeug” seit ihrer Kindheit, habe darin oft geradezu unglaubliche Schneckenmengen gefunden und grause sich noch heute davor, nach über achtzig Jahren! Bergenien dienen den Molluskenhorden nur als feuchtschattiges Basislager, von wo aus sie Hosta und andere Gartenschätze vernichten. Nur die Bergenien werden verschmäht.

Viele Sorten sind eher zimperlich: Sonniger Kahlfrost rafft die Blätter dahin, Spätfrost die Blüten (was dann wenigstens das Problem mit der Farbe lösen würde, aber Braun ist auch nicht besser…). Andere Sorten hingegen sind gesund, robust und nichtssagend. Eine löbliche Ausnahme ist die Sorte 'Oeschberg', eine Züchtung aus der gleichnamigen Gartenbauschule im Kanton Bern. Ihr Laub ist gesund, wohlgeformt und färbt sich im Winter dunkelrot, wird aber im Frühling innert weniger Tage wieder grün. Sie blüht erst, wenn kaum noch Frost droht. Ihre leuchtend rosa Blüten auf kräftigen Stielen sind wunderbare Schnittblumen, womit auch das Farbproblem im Beet gelöst ist.

Standort: Am östlichen Rand des Staudenbeetes neben der Villa, zum Teich hin.