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Von Basel in die Welt: 330 Iris auf Reisen

Es mag aussehen wie eine alltägliche Aufgabe: Wir haben kürzlich 330 Irispflanzen auf Reisen geschickt, um in den USA neue Wurzeln zu schlagen. Doch was so einfach klingt, ist tatsächlich ein komplexes Projekt über Kontinente hinweg mit dem Ziel, Kulturgut zu erhalten.

Die Geschichte nahm ihren Anfang bereits vorletzten Sommer mit der Historic Iris Preservation Society (HIPS), die sich für den Erhalt von historischen Irissorten einsetzt. HIPS sandte uns eine erste Lieferung von 26 seltenen Irissorten, um unsere Sammlung zu ergänzen. Die Pflanzen stammten aus den Gärten von Mitgliedern quer durch die USA und waren Sorten, die in Europa nicht mehr zu finden waren. Inzwischen folgte auch eine zweite Lieferung mit rund 50 Sorten.

Vor ein paar Wochen ging es dann in die andere Richtung – wir verschickten Iris aus unserer Sammlung.  Das HIPS-Netzwerk erstellte eine Wunschliste mit historischen Sorten, die in den USA aus Gärten und dem Handel verschwunden sind. Es handelt sich dabei um wertvolle amerikanische Züchtungen sowie Sorten von renommierten Züchtern, welche die heutigen Garteniris geprägt haben. Und es gibt auch ganz persönliche Geschichten, wie die von Phil Edinger. Er ist über 80 Jahre alt, Iriskenner und setzt sich für den Erhalt besonderer Sorten ein. Er suchte lange nach der verlorenen Sorte ‘Aldura’, die die Mutterpflanze seiner ersten selbstgezüchteten Iris war. ‘Aldura’ ist in den USA verschwunden; in den Merian Gärten Teil der Sammlung.

Hunderte lebende Pflanzen ins Ausland zu senden ist kein einfaches Unterfangen. Der Transport erforderte intensive Planung und minutiöse Sorgfalt vom gesamten Team - vom Prüfen, ob eine Iris kräftig genug ist zum Teilen, zum peniblen Waschen der Rhizome, dem Einkürzen der Wurzeln und der Beschriftung direkt auf den Pflanzenblättern bis zum fachgerechten Verpacken. Nachdem bereits im Frühjahr nachgewiesen werden musste, dass der Boden in den Merian Gärten frei von bestimmten Schädlingen ist, prüfte nun der Pflanzenschutzinspektor des Eidgenössischen Pflanzenschutzdienstes erneut die Gesundheit und Sauberkeit jedes Rhizoms, bevor er das zwingend notwendige Pflanzengesundheitszeugnis ausstellte. Und da es sich um lebende Pflanzen handelte, war zügiges Arbeiten gefragt, damit die wertvolle Fracht nicht zu lange ohne Wasser und Erde auskommen musste.

Die Ankunft der Pflanzen wurde mit Spannung erwartet. In den USA verteilt die HIPS die Pflanzen nun an spezialisierte Gärten im gesamten Land. Jede Sorte wird in mehreren «Guardian Gardens» ausgepflanzt, um ihr Überleben zu sichern, sollte ihr an einem Standort etwas zustossen.

Für uns ist es das erste Mal, dass wir Pflanzen aus unserer Sammlung ausserhalb Europas versenden. Bisher war der Austausch auf das Netzwerk innerhalb der EU beschränkt, wo der Transfer von Pflanzenmaterial zwischen wissenschaftlichen Institutionen einfacher ist.

Wir sind glücklich, dass wir Teil eines internationalen Netzwerks sind und auf diese Weise mit unserer Sammlung weltweit zum Erhalt der Irissorten beitragen können. Ausserdem ist es manchmal auch schön, einzelnen Menschen wie Phil Edinger eine Freude zu machen. Denn hinter Zierpflanzensorten und Sammlungen stehen fast immer persönliche Lebenswerke, welche Zierpflanzengeschichte schreiben.

Dieser Austausch von Irispflanzen ist also viel mehr als ein gärtnerisches Projekt oder die Verschönerung von individuellen Gärten. Vielmehr ist er ein Teil der jahrhundertealten Tradition der Zierpflanzenzucht.  Und zeigt, wie wichtig es ist, dass botanische Institutionen Wissen, Fachkenntnisse und Pflanzenmaterial austauschen und so für die Erhaltung, Forschung und Bildung zusammenarbeiten. Denn obwohl jeder botanische Garten einzigartig ist, vereinen sie die gemeinsame Begeisterung für Pflanzen und die lange Tradition des Gärtnerns in einer gemeinsamen Mission:  Kulturerbe zu bewahren und die Menschen für die Schönheit der Natur zu begeistern.

Der Inspektor ist insbesondere wegen der Sauberkeit gekommen. Bzw. um sicher zu gehen, dass keine Erde mehr an den Rhizomen klebt. Nebenbei hat er aber natürlich auch auf Pilze und ähnliches kontrolliert.

Irissammlung