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Pflanze des Monats Dezember und Januar

CHINASCHILF (Miscanthus sinensis)

Im Winter ist von den meisten Stauden nicht mehr viel zu sehen: Ein paar Immergrüne sitzen verschüchtert im Schatten, Polster ducken sich zu Boden; die meisten haben sich unter die Erdoberfläche verzogen und dabei totes Laub, Stängel und Samenstände zurückgelassen. Oft überwiegt dabei der Aspekt ‘Tod & Unordnung’, doch Strukturhelden wie das Chinaschilf blühen erst beim Absterben richtig auf.

Dem wilden Frühlingstreiben seiner Beetnachbarn schaut es verschlafen vom Boden aus zu. Wenn sich dann im Mai die ersten Blüher zerzaust zurückziehen, rafft sich das Chinaschilf endlich auf. Und wächst. Und wächst. Und wächst! Einige Sorten können mehrere Meter hoch werden, die meisten bleiben aber etwas niedriger. Viele zeichnen sich durch frühe, gut gefärbte Blüten, graziles Laub oder spektakuläre Herbstfärbung aus.

Zu guter Letzt bleibt es einfach in voller Schönheit stehen. Den ganzen Winter über bietet es eine Heimstatt für Kleingetier, eine Weide für unsere Augen und zu guter Letzt eine schützende Decke für die frühaufstehenden Beetnachbarn, wenn man die Pflanze im Spätwinter von oben nach unten mit der Heckenschere zerkleinert und das Material im Beet liegen lässt - womit auch schon die ganze Pflege erledigt wäre.

Aufgrund von Kälte und Dunkelheit bleibt die Pflanze des Monats Dezember frisch bis Ende Januar.

Standort: Beim Treffpunkt Vorder Brüglingen

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Pflanze des Monats

EICHENBLÄTTRIGE HORTENSIE (Hydrangea quercifolia)

Die Eichenblatt-Hortensie besitzt einen eher zurückhaltenden Charme. Ihr markant gelapptes Laub färbt sich im Herbst rot und bleibt oft lange bestehen, die cremefarbenen Blüten sind hübsch, aber nicht sehr auffällig. Sie braucht keinen Schnitt und wird mit den Jahren immer schöner.

Hydrangea kommt aus dem Griechischen, gerüchteweise soll er «Wassersäuferin» bedeuten, weil Hortensien gerne feucht stehen. Das scheint plausibel, ist aber falsch: der Name bezeichnet ein Wassergefäss und bezieht sich auf die Form der Frucht. Die Botaniker hatten damals oft nur gepresste Pflanzenteile und keine Informationen über die Ansprüche der Pflanzen zur Verfügung.

Der ehemalige Name Hortensia stammt vom Botaniker Philibert Commerson, welcher die Gattung nach einer Dame namens Hortense benannt hat. Leider ist nicht bekannt, wer genau gemeint war. Zur Auswahl stehen: Hortense Barré, die eigentlich Jeanne Barret hiess und in männlicher Verkleidung auf einer Expedition als sein Diener mitfuhr, Hortense Lepaute (diese hiess jedoch Nicole-Reine), Hortense, Tochter von Kaiserin Josephine, die aber leider erst einige Jahre später zur Welt kam, und (am wahrscheinlichsten) Hortense de Nassau, die wirklich Hortense hiess und mit Commerson an derselben Expedition beteiligt war. Aber immerhin ist der Artname schnell erklärt: «Quercifolia» heisst auf lateinisch «eichenblättrig».

Standort: Bei der Villa Merian finden Sie unsere Pflanze des Monats November.

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Pflanze des Monats

Namenlose Aster (Symphyotrichum anonymum ‘Genpoolsalat’)

Haben Sie schon erlebt, dass Sie einen Pflanzennamen wissen wollten und kein Etikett gefunden haben? Das kann diverse Gründe haben: Manche Pflanzen wachsen schneller, als wir Gärtnerinnen und Gärtner rennen können. Liebenswerte Zeitgenossen verteilen die Schilder gerne kreativ im Garten; wir haben diese schon zu Lande, zu Wasser und im Gestrüpp wiedergefunden. Oder eine Pflanze steht mehrfach im Beet, ist aber nur einmal etikettiert.

Am Farbhügel kommen alle drei Varianten vor, aber der häufigste Grund für vergebliches Suchen sind namenlose Herbstastern. 2003 wurden hier diverse Sorten gepflanzt. Ein paar davon stehen noch hier, und mit etwas Glück findet man ihr Namensschild irgendwo im Dickicht. Seither säen sie sich aus, bastardisieren quer durch die Beete und verschwinden inzwischen in der Masse ihrer Nachkommen. Diese unterscheiden sich von den Eltern, sie weisen eher verwaschene Farben und kleine Blüten auf. Und jede Pflanze ist anders als die anderen.

In den ersten Jahren wurden langweilige oder stark wuchernde Sämlinge entfernt, andere umgepflanzt und einige sogar vermehrt. Inzwischen ist es eine individuelle Mischung, die sich jedes Jahr verändert. Einen Namen haben diese Astern natürlich nicht, und man kann sie nirgends kaufen. Doch wenn Sie Herbstastern in verschiedenen Farben, Wuchshöhen und Blütenformen in Ihren Garten setzen und die Sämlinge nicht jäten, haben Sie schon in wenigen Jahren Ihre ganz individuelle, wenn auch namenlose Überraschungsasternwolke.

Standort: Wenn Sie den Eingang St. Jakob nehmen, befindet sich auf der linken Seite am Farbhügel unsere Pflanze des Monats Oktober.

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Pflanze des Monats

Reispapierbaum (Tetrapanax papyrifer)

Fernreisen sind in der aktuellen Situation keine gute Idee. Wer die Tropen vermisst, kann sich als Ersatz die grüne Üppigkeit (oder zumindest einen Abklatsch davon) in den Garten holen. An geschützten Orten im milden Basler Klima gedeihen tropisch anmutende Schönheiten wie Zwergbanane, Bambus oder winterharte Begonien. Noch beeindruckender ist der Reispapierbaum; zwischen seinen urtümlichen Riesenblättern könnte jeden Moment ein Saurierkopf erscheinen. Im Handel existieren martialisch klingende Sorten wie ‘Rex’ (die Abkürzung T. Rex macht sich gut beim Verkaufsgespräch) oder ‘Steroidal Giant’, die sich aber nicht besonders von der Art unterscheiden.

Der Name Reispapierbaum ist irreführend. Aus dem Mark im Innern der Triebe wird ein wertvolles Papier hergestellt, von dem man anfangs dachte, es würde aus Reis gefertigt. Sogenanntes Reispapier wird aber auch aus einigen anderen Pflanzen hergestellt, sogar aus Reis – letzteres wird aber nicht beschrieben, sondern gegessen.

Reispapierbäume galten lange als kaum winterhart, oft half nicht mal ein guter Schutz. In den letzten Jahren sind aber Pflanzen mit besserer Winterhärte auf den Markt gekommen. Und sie gedeihen gut. Je nach Standort sogar zu gut: Berichte über währschaftes Gestrüpp mit hemmungsloser Ausläuferbildung mehren sich. Friert die Pflanze doch einmal zurück, erscheinen oft viele Nachkommen aus den Wurzeln, die in kurzer Zeit die tropische Üppigkeit wieder auferstehen lassen. Eingetopft bewurzeln diese sich rasch und eignen sich gut als kleines Geschenk für Leute mit grossen Gärten.

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Pflanze des Monats

Glockenrebe (Cobaea scandens)

Geduld bringt Rosen und ab Ende Juli auch (endlich!) Glockenreben. Bis jetzt konnte man nur ihr hübsches Laub bewundern, dessen dunkle Färbung nach der Blattentfaltung vergrünt. Das jeweils letzte Blättchen der gefiederten Blätter ist zu einer Ranke umgewandelt. Diese ist zunächst gerade, reagiert aber auf Berührungsreize, indem sie sich in deren Richtung krümmt. Hat sie erst einen Zweig oder ein Gitter umwickelt, zieht sie sich wie ein Telefonkabel (heute weitgehend unbekannt, kam früher zwischen Telefongerät und Hörer vor) zusammen und sorgt für eine elastische Befestigung der mehrere Meter hoch werdenden Pflanze.

Wenn sich die ersten Blüten öffnen, gibt es gelegentlich enttäuschte Gesichter. In tiefem Violett sollte sie blühen, wie im Katalog; zu sehen sind aber nur grünweisse Glocken. Und das nach der langen Wartezeit! Verstimmt geht man ins Haus, schmiedet Kompostierungspläne – und leistet zwei Tage später Abbitte bei der jetzt violetten Schönheit. Dieser Wechsel betrifft nicht nur die Blütenfarbe, sondern auch deren Anatomie: In der hellen Phase zeigen sich die Staubbeutel, beim Wechsel zu Violett wächst dann der Griffel. Dabei ändert sich auch der Duft von dumpf säuerlich zu honigsüss.

Die meisten Blüten sind für ganz bestimmte Bestäuber gebaut. Die Glockenrebe ist eine typische Fledermausblume - nicht für unsere heimischen insektenfressenden Fledermäuse, sondern für tropische Vertreter, die den Nektar mit ihrer langen Zunge erreichen. Da diese Tiere ziemlich ruppig mit den Blüten umgehen, sind Fledermausblumen in der Regel robust gebaut und halten einiges aus, wie man selber fühlen kann. Auch der Kelch ist kräftig ausgebildet und hat der Pflanze den hübschen englischen Namen «Cup and Saucer-Plant» eingebracht. Auf deutsch tönt er leider weniger attraktiv: Tasse und Untertasse-Pflanze. Naja.

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Pflanze des Monats Juli

Schmalblättrige Ölweide (Elaeagnus angustifolia)

Trotz des irreführenden Namens ist dieser hübsche Baum nicht näher mit Ölbaum oder Weide verwandt, sondern mit Sanddorn. Das Laub der schmalblättrigen Ölweide flirrt silbergrau im Sommerwind; die darunter verborgenen Dornen sorgen für heftige Gefühle, wenn man sie zu spät bemerkt.

Die kleinen, unscheinbaren Blüten duften angenehm, die Früchte sind mehlig, aber essbar. Die Wurzeln können mit Stickstoffbakterien eine Symbiose eingehen, was der Ölweide die Besiedlung schwieriger Böden ermöglicht. Zudem ist sie ein gutes Vogelschutzgehölz, dazu hitzeresistent und zur Böschungsbefestigung geeignet. Von den Imkern wird sie des bernsteinfarbenen, aromatischen Honigs wegen geschätzt. Sie wächst als Strauch oder kleiner Baum und lässt sich sogar als Hecke schneiden. Alles in allem ein vielseitiges und hübsches Gehölz, das – ausser einem Platz an der Sonne – kaum Ansprüche stellt.

Diese Ölweide kommt ursprünglich aus Asien, ist aber inzwischen im Mittelmeerraum, in Europa und  Amerika heimisch. Die inneren Werte bemerkt man erst, wenn das Bäumchen nicht mehr lebt: Das wunderschöne, schwere Holz! Der helle Splint bildet einen Kontrast zum dunklen Kernholz, das je nach Pflanze mittel- bis dunkelbraun ist, mit einer feinen Maserung und feinem Schimmer. Natürlich ist das kein Grund, diesen schönen Baum zu fällen! Falls dies aber nötig sein sollte, tröstet dieses Holz etwas über den Verlust hinweg.

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Pflanze des Monats Juni

Zartblättriger Spargel (Asparagus tenuifolius)

Spargel ist momentan in aller Munde, sei es alla Milanese oder auf klassische Art mit Butter und Schinken. Auch über das Spargelstechen war in den letzten Wochen einiges zu lesen. Aber Spargel kann mehr als nur gut schmecken; unter seinen rund 200 Arten finden sich beliebte Zierpflanzen und andere interessante Gewächse.

Eines davon ist der Zartblättrige Spargel. Mit etwas Glück kann man ihn im Tessin finden, wo er an trockenen Hängen im Gebüsch wächst. Die winzigen grünlichen Blüten verstecken sich im Laub, obwohl da nicht viel zu verstecken ist. Die Pflanze wächst sehr langsam, bleibt niedrig und bildet erst nach vielen Jahren einen grösseren Bestand. Alles in allem nicht gerade spektakulär…

Erst in letzter Zeit haben wir diesen kleinen Spargel so zu schätzen gelernt, wie er es verdient: Eingewachsene Pflanzen ertragen grosse Hitze und kommen ohne Giesswasser zurecht, was während der Klimaveränderung zunehmend wichtiger wird. Die gelbe Herbstfärbung leuchtet über mehrere Wochen und sieht zu Gräsern und Astern hinreissend aus. Doch das Schönste an ihm ist das Gefühl, wenn man diese fluffige Wuschelwolke aus feinstem Laub streichelt. Das macht glücklich!

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Pflanze des Monats Mai

Pfingstrose ‘Sarah Bernhardt’
Paeonia lactiflora ‘Sarah Bernhardt’

Exzentrisch, divenhaft und vergöttert: Sarah Bernhardt war die erfolgreichste Darstellerin ihrer Zeit. Sie brillierte im Theater und später im Stummfilm. Nach einer kurzen und finanziell desaströsen Ehe ging sie zur Geldbeschaffung auf Europa- und später auch auf Welttournee, was ihr weltweite Verehrung brachte. Sie übersetzte zudem Theaterstücke, schrieb Bücher und leitete mehrere Theater. Sie beschäftigte sich mit Malerei und Bildhauerei, verdrehte nebenbei etlichen Männern den Kopf und inspirierte Marcel Proust zu einer Romanfigur. Am Pariser Konservatorium hatte sie eine Professur, wurde Mitglied der Ehrenlegion, spielte aber auch im ersten Weltkrieg in Scheunen und Lazaretten hinter der Front Theater für die Soldaten. 1915 musste sie sich ein Bein amputieren lassen, was sie jedoch weder vom Theaterspielen noch von einer weiteren Tournee durch die USA abhielt. Und das mit über 70 Jahren!

Da erstaunt es nicht, dass Victor Lemoine, ein überaus erfolgreicher Gärtner, im Jahre 1906 eine seiner schönsten Züchtungen nach ihr benannte: Die Pfingstrose ‘Sarah Bernhardt’. Sie strotzt nur so von guten Eigenschaften: Kräftige Stiele, guter Wuchs, reiche Blüte, Gesundheit und schönes Laub. Sie ist weniger launisch als ihre Namenspatin, aber man sollte ihr während der Blütezeit eine Stütze geben. Ansonsten benötigt sie nur einen sonnigen Platz, etwas Wasser und guten Boden.

Sarah Bernhardt und ‘Sarah Bernhardt’ haben beide ein hohes Alter erreicht: Die Schauspielerin wurde 78 Jahre alt, die Pfingstrose weit über 100 Jahre; sie wird inzwischen weltweit als Schnittblume kultiviert. Noch immer begeistert sie die Menschen durch ihre Schönheit, ganz so wie einst Sarah Bernhardt, die Göttliche.

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Pflanze des Monats April

Dünnstängeliger Reiherschnabel
(Ardea cinerea)

Das Leben geht auch in Sonderzeiten weiter. In den leider momentan geschlossenen Merian Gärten freuen sich die Insekten über unaufgeräumte Beete, in denen abgestorbene Pflanzenreste stehengeblieben sind. Niemand stört der Erdkröten abendliche Treffen auf den Mergelwegen; die Singvögel kommen endlich zu Wort. Seit neuestem taucht eine interessante Sumpfpflanze oft ganz nah an den Wegen auf: Der Dünnstängelige Reiherschnabel.

Die ein bis zwei erstaunlich dünnen Stängel und der lange, gelbe Dorn bilden einen tollen Kontrast zum graufedrigen Laub. Die Pflanze wird bis zu einem Meter hoch und ist zweihäusig. Das heisst, dass zur Vermehrung sowohl männliche als auch weibliche Exemplare vorhanden sein müssen. Die Keimlinge entwickeln sich zuerst auf Bäumen und segeln nach knapp zwei Monaten zu Boden. Eine grosse Besonderheit stellen die beiden riesigen Blätter dar, die sich in kürzester Zeit entfalten können und dem Reiherschnabel helfen, an neue Plätze zu gelangen, vorzugsweise Gewässerränder und feuchte Wiesen. Dort kommt er vereinzelt oder in kleinen Gruppen vor und wirkt dank seines schlanken Wuchses und der grauen Belaubung sehr zierend.

Leider ist er nicht sehr ausdauernd und verschwindet schnell wieder. Zudem scheint er eine nachteilige Wirkung auf Kriechtiere, Mäuse und vor allem Fische zu haben. Deshalb sollte man ihn nicht in der Nähe von Koi-Teichen und kleinen Gartentümpeln ansiedeln. Doch wo die Bedingungen stimmen, ist diese Pflanze eine Bereicherung für Gärten und Parks. Wie viele Pflanzen hat er mehrere Namen, manche nennen ihn Grau- oder Fischreiher.

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Pflanze des Monats März

Farnblättriger Lerchensporn
(Corydalis cheilanthifolia)

Dieser entzückende kleine Farn geistert seit 20 Jahren durchs Rhododendrontal. In milden Wintern bekommen seine Wedel eine schöne Bronzefärbung, im Frühjahr treibt er frischgrün aus und erfreut Hummeln und Menschen durch seine hellgelben Blüten.

Blüten? Blüten. Also doch kein Farn, denn ein Farn mit Blüten ist keiner. Zu der Zeit, als sich die Farne entwickelten, gab es dieses neumodische Zeug noch nicht; damals vermehrte man sich noch durch Sporen, nach alter Sitte. Ein Blick aufs Etikett löst das Rätsel: Es ist der Farnblättrige Lerchensporn. Er wird nur wenige Jahre alt, bildet aber reichlich Samen (auch so ein neumodisches Zeug, da sind sich Farne und Moose einig) und taucht an immer neuen Orten auf, ohne lästig zu werden. Und wenn er sich doch mal an eine unpassende Stelle verirrt hat, kann man ihn einfach umpflanzen oder auch verschenken.

Der Farnblättrige Lerchensporn stammt – wie auch viele andere faszinierende Schattenpflanzen – aus Chinas felsigen Bergwäldern. Er wächst bei uns fast überall, wo es nicht zu trocken ist. Am besten pflanzt man ihn an einen schattigen Standort zwischen Steinen, in eine Blockmauer oder am Rand einer schattigen Kiesfläche. Mit Hilfe von Ameisen, die seine Samen verteilen, taucht er gelegentlich auch an unerwarteten Orten auf und passt genau dort perfekt hin.